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Über zwanzig Jaguare im Vogelsberg gesichtet

Die Wettervorhersage versprach einen eher regnerischen Tag. Die Frankfurter Klassikstadt lag noch im Halbschlaf, aber die Sonne schien, als die ersten Motoren vom Sechs- bis zum Zwölfzylinder auf der Orber Straße zu hören waren. Und bereits um 10.00h waren fast alle Teilnehmer der Sommerausfahrt versammelt und trugen sich in die Corona-Nachverfolgungsliste ein. Es blieb also bis zum Start noch eine halbe Stunde Zeit, sich untereinander auszutauschen. Und das ist ja etwas, was uns nach dem Corona-Lockdown besonders am Herzen liegt.

Über 20 Jaguar-Fahrzeuge hatten sich angemeldet. Ein XK 120 – Sportwagen und eine Mk 7M – Limousine aus den 50er-Jahren waren lange Zeit die ältesten Fahrzeuge. Aber bei einem Zwischenstopp stieß ein Daimler Fifteen Saloon aus dem Jahr 1935 zu der Gruppe und folgte mit munteren 70 km/h den anderen. Zahlreiche E-Types waren dabei, um deren 60-jähriges Jubiläum zu feiern. Und so zeigte eine reiche Palette von unterschiedlichen Fahrzeugen bis hin zum modernen F-Type, welch wunderbare Fahrzeuge Jaguar gebaut hat.

Martin Dolleschel hatte sich bereit erklärt, die Ausfahrt zu organisieren. Schöne Erinnerungen an Golfclubs und andere Locations in Nordhessen bestimmten die Planung. Ein kleines Handicap war, dass Martin ein Planungstool verwendet, das eher für den Profibereich mit zahlreichen km- und Meilen-Angaben und einer Darstellung nur der Kreuzungspunkte etwas verwirrte. Beim Versuch, die Strecke abzufahren, scheiterte der Sektionsleiter schmählich. Aber mit vereinten Kräften wurde doch ein Roadbook erstellt, das allen den richtigen Weg wies.

Um die Kolonnenbildung etwas zu reduzieren, machten sich die Teilnehmer nacheinander im Minutenabstand auf die Strecke. Aber nicht ohne vorher das Gewicht eines Jaguar XJ6 Serie 2 im Maßstab 1:43 geschätzt zu haben. 112 g wog das gute Stück. Über die teilweise abenteuerlichen Schätzwerte breiten wir lieber den Mantel des Schweigens.

Um über den reinen Streckenverlauf hinaus Gesprächsstoff für Fahrer und Beifahrer sicherzustellen, gab es ein Blatt mit Suchbildern für jeden Streckenabschnitt. Ein wachsames Auge war hier von Beiden gefordert. Das zu trainieren, kann ja auch ganz wertvoll für andere Situationen sein.

Erster Zwischenstopp war Heckers-Golfclub-Restaurant nahe dem ADAC-Verkehrsübungsplatz in Gründau. Mit Gurkenlimonade und Baguette konnten sich die Teilnehmer vor dem Clubhaus stärken, während unsere Autos von den Golf-Spielern bewundert wurden. Es war einfach toll, was Walter Hecker und sein Team für uns auf die Beine gestellt hatten. Beim Re-Start war diesmal der Durchmesser des Lenkrades gefragt – also eines Fahrzeugteils, das wir immer vor Augen haben. Hier waren die Schätzwerte deutlich näher an der Realität.

Der nächste Streckenabschnitt bot den Cabriofahrern einen kurzen Regenschauer. Die Strecke führte durch Nebenstraßen des Vogelsbergs bis kurz vor Fulda. Dort schlängelt sich die Lüder durch ein Tal. Die Orte haben entsprechende Namen wie Groß-Lüder und Klein-Lüder. Bescheiden wie wir Jaguarfahrer nun mal sind, begnügten wir uns mit Klein-Lüder. Dort steht am Ende eines Tales die Wallfahrtskapelle Kleinheiligkreuz, die bereits 1701 geweiht wurde. Der Hof und das Gelände um die Kirche herum gehört seit 1708 der Familie Wehner. Nach der Säkularisierung m Jahre 1805 ersteigerte die Familie auch die Kapelle. Viele Jahre diente sie als Scheune und Stall, bis die Familie Wehner 1850 eine Hauskapelle einrichtete. Erst 1913 wurde die Wallfahrtkirche nach Renovierung wieder geweiht. Unter der Kapelle für die innere Einkehr betreibt die Familie Wehner nach wie vor einen Gasthof für mehr weltliche Einkehr. Das Mittagessen auf der Terrasse bot die Gelegenheit, den Körper zu stärken, um fit für die letzte Etappe zu werden.

Wie gewohnt wurden die Fahrzeuge einzeln auf die Reise geschickt. Bei der Frage, welchen runden Geburtstag Sir William Lyons in diesem Jahr posthum feiert, gab es erstaunlich viele Kenner der Materie. 120 Jahre ist her, seit der Gründer unserer Firma am 4. September in Blackpool geboren wurde.

Weiter führte uns das Roadbook bis zum Schottenring, wo es an einem Panorama-Parkplatz mit Aussicht bis nach Frankfurt eine kurze Pause gab. Dort erwartete uns wie erwähnt Rüdiger Witzel samt Gattin mit seinem Daimler Fifteen Saloon. Auf dem  letzten Streckenabschnitt bis zum Golfclub Wimmerod nahe Reiskirchen öffnete der Himmel seine Schleusen. Gar hurtig versuchten die Cabriofahrer die Verdecke zu schließen, um nicht pitschnass zu werden.

Aber am Golfclub angekommen, hatte der Regen schon wieder aufgehört. Kaffee und Kuchen standen bereit, während Sektionsleiter Rüdiger Bonneß samt Gattin Kerstin die Auswertung der abgegebenen Antworten auf den Bögen vornahm. Das Ergebnis war entsprechend dem Motto einer bekannten Molkerei: „Alles Müller oder was?“ Ingrid und Andreas Müller hatten fast alle Suchbilder entdeckt und auch die Fragen gut beantwortet. Eine Flasche Riesling-Sekt aus dem Rheingau belohnte diese Leistung. Der Dank galt aber vor allem Christine und Martin Dolleschel, die sich die wunderschöne Strecke ausgedacht hatten. Und das Beste: Martin kündigte an, in 2022 wieder eine Ausfahrt zu organisieren. Der Schreiber dieser Zeilen hofft allerdings inständig, dass er bis dahin ein anderes Planungstool hat…



Text: Rüdiger Bonneß
Fotos: Martin Dolleschel, N.N., Golfclub Winnerod, Rüdiger Bonneß

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