Die Holztrift auf der Ilz, der Transport der Baumstämme aus dem Bayrischen Wald über die Flüsse zur Donau, prägte seit dem 18. Jh. die Flusslandschaft nördlich von Passau.
Um die große Ilzschleife bei Passau-Hals abzukürzen, wurde der Bergrücken in Höhe der Burg Reschenstein zwischen 1827 und 1831 mit einem Tunnel durchstochen, durch den das Holz, nun die Flussschleife abkürzend, Richtung Donau getriftet wurde. Um die Baumstämme aus dem Fluss in den Tunnel zu lenken, wurde zeitgleich eine Sperre in den Fluss gebaut. Die Hauptteile dieser Sperre, wie der dazu gehörende Tunnel, sind auch heute noch deutlich zu sehen und noch immer begehbar.
Im ehemaligen Triftmeisterhaus, dem heutigen Gasthof „Zur Triftsperre“, fanden wir unsere rustikale aber mit allem Nötigen ausgestattete und in absoluter Natureinsamkeit gelegene Basis für unsere „Herbstreise ins Passauer Land“. Die Zufahrt hierher ist nur auf einem engen, einspurigen Sträßchen mit wenigen Ausweichen im tiefen Tal der Ilz möglich, was gleich bei der Anreise dem Autor dieser Zeilen den Angstschweiß auf die Stirn trieb, beim millimetergenauen Passieren eines entgegenkommenden Fahrzeugs.
Nach einer Begrüßungsrunde am Abend des Anreisetages - es waren 19 Teilnehmer in 10 Fahrzeugen eingetroffen - starteten die Jaguarfreunde am nächsten Morgen bei schönstem Herbstwetter zur ersten Ausfahrt durch den Bayrischen Wald, Richtung Südböhmen, nach Krumau/Český Krumlov, einem in einem Moldauknie gelegenen und bestens erhaltenen Renaissancestädtchen. Hier gab es eine kenntnisreiche Stadtführung mit Erläuterungen zur wechselvollen Geschichte und den bedeutenden Bauwerken der Stadt, wie auch zum Schloss, eine der längsten Schlossanlagen Europas. Als alte Handelsstadt, mit Verbindungen nach ganz Europa, sind zahlreiche Bauwerke Krumaus von der Architektur der italienischen Renaissance beeinflusst.
Nach einem Mittagsimbiss erfolgte die Rückfahrt durch die in der Nachmittagssonne leuchtenden herbstlichen Wälder und nach diesem ersten erlebnisreichen Ausfahrtstag, in Gegenden die bei den meisten eher selten als Ziel auf der Reiseliste stehen, trafen sich die Teilnehmer zum Tagesausklang wieder beim Abendessen und anschließendem geselligen Beisammensein in der Triftsperre.
Tag 2 begann mit einer Fahrt, den Inn aufwärts, nach Schärding, einer durch den Salzhandel reich gewordenen Barockstadt mit verschiedenfarbigen Hausfassaden am Marktplatz. Die individuelle Farbe jedes Hauses ist historisch bedingt und zeigt die Nutzung der Gebäude z. B. als Metzgerei, Brauerei, Bäckerei oder Gasthaus an, entstanden in einer Zeit in der die meisten Menschen nicht lesen konnten, aber sehr wohl fähig waren sich die Farben der Hausfassaden und deren Bedeutung zu merken. Dies war eine der Kuriositäten die wir auf unserer „Kuriositätenführung“ durch Schärding kennenlernten, einer Stadtführung die natürlich auch die Geschichte des Ortes beinhaltete, aber aufgelockert durch mancherlei kuriose Örtlichkeiten und Gegenstände. So z. B. einem Pranger inklusive Schandmaske oder einem Schild mit dem Werbespruch eines mittelalterlichen Seilers: „Verlässt Euch mal der Lebensmut, in meinen Seilen hängt ihr gut.“ Auch der „liebestolle Franzose“ war dabei, ein Soldat aus der Zeit der französischen Besatzung Anfang des 19. Jh., der so mit seinen Liebschaften mit den Schärdinger Mädchen beschäftigt gewesen sein soll, dass er den Abzug seiner Einheit verpasste und darauf von den eifersüchtigen Schärdinger Burschen in ein Verlies der Burg gesteckt wurde. Dort ist er noch heute zu sehen. Eine weitere Kuriosität Schärdings war eher sprachlicher Natur. Wir hatten die Stadtführung, wie schon am Tag zuvor im tschechischen Krumau, natürlich auch in Schärding in Deutsch gebucht, jedoch sprach die Stadtführerin eine Sprache die wohl irgendwie Deutsch grundiert war, aber der hier gesprochene Dialekt ließ uns höchstens 80% des Vorgetragenen verstehen. Dies setzte sich dann bei unserer Mittagseinkehr fort. Empfohlen vom örtlichen Tourismusverband war eine entsprechende Anzahl Plätze im historischen Gasthaus „Zur Bums`n“ für uns reserviert, dessen kurioser Name sich durch das Aneinanderbumsen der Bierfässer, wenn diese über eine Rampe in den Keller gerollt wurden, erklärt. Hier saßen wir nach dem Mittagsessen entspannt in die Herbstsonne blinzelnd im Innenhof, als der Kellner kam um abzuräumen, und dabei eine der Mitfahrerinnen fragte: „Woar`s zweng?“ Diese darauf aufgeschreckt: „Bitte!?“, darauf der Kellner extra langsam und betont sprechend: „Ob es zu wenig war?“ Was lernen wir daraus? Erweiterte Sprachkenntnisse sind selbst im eigenen Sprachraum von Vorteil!
Am Nachmittag fand sich die Jaguargruppe dann auf dem Loryhof ein, einem Eventgasthof in Alleinlage, 20 km südlich von Schärding. Hier galt es eine „Bauernolympiade“ zu absolvieren. Die Teilnehmer konnten sich im Melken, Nageln, Sägen, Traktorfahren und Schießen mit dem Luftgewehr auf Blechenten beweisen, was natürlich eine große Gaudi war. Zudem gab es einen interessanten Rundgang mit dem Imker des Loryhofs über den Bienenlehrpfad, inklusive direktem Blick in einen Bienenstock. Unsere Mitfahrerin Margot hielt eine Wabe voller wimmelnder Bienen in ihren Händen, auch die Königin, mit einem Kunststoffplättchen markiert, zeigte sich. Zum Abschluss konnten wir den Honig verkosten und kaufen, wovon nach diesen Erlebnissen natürlich rege Gebrauch gemacht wurde. Wie bei einer Olympiade üblich, wurden zum Schluss Medaillen verliehen, wobei die Gold- und die Bronzemedaille der Bauernolympiade an Inge und Andreas Müller gingen, was natürlich zu dem Spruch führte, „Alles Müller oder was?!“ Nein, nicht alles Müller, denn die Müllerphalanx wurde durch die Silbermedaille von Margot Lang - der Bienenflüsterin - durchbrochen! Den Abschluss bildete dann ein reichhaltiges Jausnbuffet, musikalisch begleitet von einer sehr professionellen Blaskapelle die zu einer Hochzeit aufmarschiert war und den Brautleuten ein Ständchen gab. Am Abend fuhren wir, durch die Musik und den unterhaltsamen Tag beschwingt, wieder zurück nach Passau.
Der folgende Tag brachte uns eine Stadtrundfahrt durch Passau mit dem Cabriobus, ein Kleinbus für ca. 20 Passagiere, in dessen Mittelteil das Dach und die Seitenfenster über den vorderen Fahrzeugteil geschoben werden kann, wodurch die in der Mitte platzierten Mitfahrer komplett im Freien sitzen. Der Sinn dieses Fahrzeugs erschloss sich uns sehr schnell, als wir damit bequem und in direkter Tuchfühlung zur Straßenszenerie durch die engen Gassen und Tore Passaus fuhren. Über alle drei in Passau zusammenfließenden Flüsse, dem Inn, der Ilz und der Donau ging die Stadtrundfahrt, vorbei am Dom und dem alten Rathaus, bis hinauf auf die Veste Oberhaus. Hier konnten wir den phänomenalen Ausblick mit zahlreichen Erläuterungen des Stadtführers und Busfahrers genießen. Zurück in der Altstadt endete die Rundfahrt direkt vor dem Dom, wo wir das Mittagskonzert auf einer der weltgrößten Kirchenorgeln erlebten, einem Instrument das immerhin 17.974 Pfeifen mit 229 Registern und 5 Manualen sowie vier Glockenspiele besitzt. Das Konzert wurde eröffnet mit einem Klassiker der Orgelliteratur, der Toccata und Fuge in D-Moll von Johann Sebastian Bach, gefolgt von Stücken englischer und französischer Komponisten, bis hin zu einem Orgelwerk von Felix Mendelsson-Bartholdy. Die ganze Bandbreite dieser Orgel wurde dargestellt, von strahlenden, den Raum ausfüllenden Klängen, bis hin zu zarten, leisen Tönen.
Der Nachmittag stand zur freien Verfügung, denn am Abend sollte der große Abschluss unserer Herbstreise stattfinden, die „Italienische Nacht“ auf dem „Kristallschiff.“
Abgeholt wurden wir am frühen Abend an der Triftsperre wieder mit dem Cabriobus - diesmal geschlossen - der uns an die Anlegestelle des Kristallschiffs brachte, ein großes Donauschiff, das mit Swarovski-Kristallen dekoriert ist. Um 19.00 Uhr wurde abgelegt und unter den Klängen einer Liveband ging es donauabwärts, durch die Schleuse Jochenstein bis kurz vor Engelhardszell und wieder zurück nach Passau. Dazu gab es ein mehrgängiges italienisches Menue und sämtliche Gassenhauer der italienischen Popmusik. Es wurde getanzt, mitgesungen, gegessen, getrunken und viel gelacht, die Stimmung war phänomenal. Um 23.00 Uhr legte das Kristallschiff wieder an und kurz darauf brachte uns der Bus wieder sicher zurück in die Triftsperre.
Am Sonntag galt es dann, nach vier erlebnisreichen Tagen, Abschied zu nehmen. Es war eine absolut gelungene Herbstreise ins Passauer Land, die zudem durch meist bestes Wetter und vor allem durch interessierte und aufgeschlossene Teilnehmer begünstigt wurde. Mit herzlichen Abschiedsworten und Dank an alle Beteiligten ging dann die Herbstreise zu Ende.
Text und Fotos: Albrecht Reinhard