Rallye Müritz 2017
Wie schon in 2016 waren wir in Mecklenburg-Vorpommern unterwegs, allerdings im südlichen Teil, an der Müritz. Schon am Freitag nach Himmelfahrt meinte es Petrus – ehm, Sir Peter, denn er fährt wohl Jaguar – sehr gut mit uns, als wir uns auf der Wiese neben Schloß Ulrichshusen zu unserer Frühjahrs-Ausfahrt sammelten: neun Teams aus der Sektion Berlin-Brandenburg und Kühnels aus Böhlen bei Leipzig mit ihrem wunderschönen MK5 DHC.
Schloß Ulrichshusen (www.ulrichshusen.de) ist ein Kleinod der Mecklenburgischen Schweiz, nördlich von Waren/Müritz gelegen und ist bekannt als Hotel und Festspielort. Erstaunlich, dass dort solch ein Leben herrscht, erwarben die aktuellen Eigentümer das Kleinod als zusammengestürzte Ruine, um ein architektonisches und kulturelles Highlight daraus zu machen!
Das Team um Frau Albrecht bereitete uns ein stilechtes British Picknick zu: Sandwiches – natürlich ohne Brot-Rand - Consommé im Glas, Quiches, Erdbeeren mit Sahne und süßen Leckereien, die wir mit herrlichem Blick auf den Ulrichshuser See genossen.
Danach ging es im Konvoi weiter zu Herrn Joseph, den wir erst im zweiten Anlauf fanden, denn seine Werkstatt ist ja doch nicht in Sorgenlos. Sorgenlos ist ein kleiner Ort, der seinem Namen Ehre macht: Idylle und Ruhe lassen die Sorgen durchaus vergessen. Ralf Joseph ist ein Künstler, in dessen Händen aus Motorenteilen Möbelobjekte entstehen: Tische, Lampen, Kerzenständer und anderes setzt er aus Kurbelwellen, Zahnrädern, Nockenwellen und anderen technischen Innereien von Motoren und Getrieben zusammen. Seine Schilderungen, wie er zu seinen Kreationen kommt, ließen uns staunen und bewundern. Wer sich für Ralf Josephs Werke interessiert, bekommt einen ersten Eindruck hier: www.joseph-moebeldesign.de. Wer übrigens Jaguar-Motorteile übrig hat, der möge sie dem Herrn Joseph bitte anbieten. Mal schauen, was daraus entsteht! Den Kontakt stelle ich gerne her.
Nach diesem außergewöhnlichen Programmpunkt ging es ins Hotel – Schlosshotel Groß Plasten, ein traumhaft schön gelegenes Schloß, das die heutige Form der Frau Elsa von Michael, geborene Haniel, verdankt, die das ursprünglich schon im 13. Jahrhundert erwähnte Gut erweiterte und umbaute. Trotz kleinerer Pannen (ein XJS benötigte eine neue Stromquelle und im Kutscherhaus brach ein Bett zusammen) gab es ein fröhliches Abendessen, und der Abend klang an der Bar aus.
Am nächsten Morgen war uns ein Team verloren gegangen, was uns nicht vom motorsportlichen Wettbewerb abhielt. Die Rallye Müritz startete im Rondell vor dem Schloß mit einem Bremstest, bei dem das Fahrzeug möglichst nahe an eine Pylone herangefahren werden sollte. Der Spitzenreiter lag bei nur 8 cm Abstand!
Danach ging es per Chinesenzeichen nach Ankershagen, dem Geburtsort eines gewissen Heinrich Schliemann. Nein, das war nicht der Züchter des Trojanischen Pferdes, sondern ursprünglich ein aus kleinen Verhältnissen zu schönem Erfolg gekommener Kaufmann, der dann sein Vermögen einsetzte, um mit den archäologischen Mitteln des 19. Jahrhunderts den Wahrheitsgehalt antiker Sagen auszuloten. Der Rest um Troja ist Geschichte. Nachzulesen nicht im JAGMAG, sondern bei Homer. Bleibt bloß noch zu sagen, dass aus dem Besuch des Schliemann-Museums (schliemann-museum.de) eine Sonderprüfung wurde, bei der fünf Fragen zu beantworten waren. Eine der Fragen stellte wiederum einen Bezug nach England her, es war anzugeben, welcher Film der 80er Jahre die Geschichte des Trojanischen Pferdes karikierte. Die richtige Antwort wusste kein Team, allerdings nannten zwei Teams Filme der Komikertruppe Monty Python. Nahe dran! Trotzdem falsch. Hier die Auflösung: Im Streifen „Die Ritter der Kokosnuss“ versuchen britische Einheiten, die Französische Burg mittels eines Trojanischen Pferdes zu erstürmen. Allerdings blickt sich, als der Holzgaul dann von den Franzosen ins Burginnere geschoben ist, der Britische Ritter-Boss um und findet alle seine Mitstreiter um sich versammelt. Es bleibt ihm nur, verzweifelt ob solcher Blödheit das Gesicht in den Händen zu verstecken, als das Hoppehü schon über den Burgfried fliegt und alsbald nur als Feuerholz zu gebrauchen ist. Die folgenden Beschimpfungen der erfolglosen Briten durch den frechen Franzosen auf der Zinne verschweige ich hier, die kennt Ihr wahrscheinlich eh.
Zurück in die modernen Zeiten. Nach Osten ging es über kleine Landstraßen weiter durch Penzlin, wo idyllische Altstadt und sozialistische Plattenruinen nebeneinander stehen, zum Örtchen Siehdichum.
Dieser süße Ortsname inspirierte uns zur nächsten Sonderprüfung, bei der die Fahrer ausschließlich mittels des Rückspiegels, also OHNE sich umzusehen, den Abstand zwischen Fahrzeugheck und dem ordnungsgemäß in Warnweste gekleideten Minisektionsleiter Leo abschätzen mussten. Je nach Rückspiegel gar nicht einfach, denn die älteren Spiegel verzerren eher mehr, nicht weniger!
Jetzt ging es auf der Ostseite der Müritz gen Süden, wo der Strelitzer Berg die Kulisse für die Bergprüfung „Catch the Pasta“ bereitstellen sollte. Gar nicht einfach für die Teams, die NICHT stur dem Roadbook folgten: Irgendein Herrentags-Suffkopp hatte wohl das Hinweisschild geklaut, das auf den Strelitzer Berg hinwies. Wenigstens die Klebepunkte waren noch da… Unter dem Risiko der dermatologischen Beschädigung durch Stechmückenschwärme schaffte es der Chronist, mittels seiner Gattin, einiger Steine, sowie eines Zettels, eines Kulis und ca. 450mm rot-weißen Flatterbandes ein Ersatz-Schild anzubringen. Und nach und nach waren auch alle Rallyefreunde da. Hier mussten auf dem Handrücken deponierte Makkaroni hochgeworfen und gefangen werden. Je Nudeln, desto Punkte. Eine Abwägung zwischen Können, Gier, Risiko und Vernunft. Daher lagen die Ergebnisse nicht so dolle auseinander.
Weiter nach Süden, am Rande des Nationalpark Müritz an Neustrelitz vorbeigerutscht, ging es über traumhaft zu fahrende Alleen-Straßen (wenn man nicht gerade einen Daewoo vor sich hat…) über Wesenberg und Mirow nach Vipperow, wo das Restaurant-Hofcafé Wiepeldorn (www.wiepeldorn.de) auf uns wartete. Dort mussten wir etwas warten, aber das lecker Essen entschädigte uns vollauf – von der Straußen-Currywurst bis zur Fisch-Creation war alles dabei, was die hungrigen Mägen erfreute.
Ein kurzer gemeinsamer Stint zurück in nordöstliche Richtung brachte uns dann zum Luftfahrttechnischen Museum Rechlin. Dort informierten wir uns über die Geschichte des angrenzenden Flugplatzes, der im Dritten Reich als Erprobungs- Bemusterungs- und Zertifizierungsstelle für die Flugzeuge der Nazi-Luftwaffe diente. Tragisch, dass die Ergebnisse geniale Geister und Technologien für Untaten eingesetzt wurden. So fand an diesem Ort unter dem Testpiloten Erich Warsitz der erste Flug eines Flugzeugs mit Strahltriebwerk, der Heinkel He 196, statt. Erstaunlich auch, wie überaus primitiv die damaligen Cockpits ausgestattet und eingerichtet waren! Später wurde der Flugplatz auch von den Sowjets genutzt – wie viel größer waren dann schon diese Düsenjets!
Richtung Westen, dann Nordwesten tasteten sich dann die Teams in Richtung Waren an der Müritz durch.
Bis dorthin hatten alle Teilnehmer die Ansage des Sektionsleiters brav befolgt, sollte der S-Type im Rückspiegel anfliegen, brav Platz zu machen, denn er sollte es nach Möglichkeit sein, als erster bei der nächsten Sonderprüfung anzukommen…
In Waren gab es noch eine Frage in der Altstadt zu beantworten, bevor wir uns zur finalen Sonderprüfung, sowie zur Aufnahme von Kaffee, leckeren Torten oder Gefrorenem im Hotel am Tiefwarensee (www.hotel-am-tiefwarensee.de) einfanden. Die Sonderprüfung bestand darin, ein Puzzle zusammenzusetzen, das – grob gesagt – unsere Hauptstadt, also London, darstellt. Dort soll ein Double-Decker-Bus auf einer Rundstrecke fahren. Allerdings kann man die Puzzle-Teile, in die eine Art Führung für den Bus eingelassen ist, auch falsch beziehungsweise in verschiedenen Variationen zusammensetzen. Vor allem, wenn man Beifahrer ist, die Augen verbunden sind, und diesmal der Fahrer ansagen soll, wie und wo man welches Teil einsetzt. Die Ruhigsten waren die ersten, nur soviel dazu…
Bei Zeiten zwischen etwa vier und fünfzehn Minuten artete diese Sonderprüfung zeitlich dermaßen aus, dass wir beschlossen, zunächst wieder nach Groß Plasten zurückzufahren, um die Prüfung dann vor dem Abendessen fortzusetzen.
Nach kurzer Ruhepause versammelten wir uns dann im herrschaftlichen Saal zum Abendessen, das trotz einiger gastronomischer Pannen einen schönen Rahmen abgab zur Siegerehrung, bei der wir den Siegerpokal an das Team Meincke Junior und Senior übergeben durften, während die Plätze 2 und 3 an die Teams Michels und Globke gingen.
Irgendwann klang das fröhliche Gelage aus, und wir trafen uns am Sonntagmorgen zum Frühstück auf der Schlossterrasse, um alsbald im Konvoi nach Malchow weiterzufahren. Malchow ist ein bisher unentdecktes Kleinod am Malchower See, der die Verbindung zwischen dem größeren Plauener See und dem Fleesensee darstellt. Interessant die Drehbrücke, die für automobilen Dauerstau in der halbinselförmigen Altstadt, und Idylle bei den Bootsfahrern sorgt. Aber wir hatten ja unser Eintreffen so abgepasst, dass der Stau zwischen Öffnen und Schließen der Brücke dermaßen abgeflaut war, dass wir relativ zügig unser Ziel, das Kloster und Orgelmuseum Malchow (www.orgelmuseum-malchow.de) erreichten.
Dieses Museum wird unterhalten von einer Gruppe von Enthusiasten, die versuchen, die Kultur der Königin der Musikinstrumente zu erhalten in einem Gebiet, das einerseits gesegnet ist durch eine Vielzahl von Kirchen, besonders der norddeutschen Backsteingotik, andererseits haben die Ereignisse der jüngeren Historie dafür gesorgt, dass der Einfluß und die Bedeutung dieser Kirchen gesunken, ja bewusst zurückgedrängt wurden. Momentan sammelt der Verein alles, was mit den historischen Orgeln zu tun hat, seien es Dokumente, Fragmente von alten Orgeln, Fotos, Bilder etc. Ziel ist es, bestehende Instrumente zu erhalten, defekte Instrumente zu restaurieren und insgesamt die Geschichte der Orgeln in Mecklenburg-Vorpommern zu bewahren. Imposant – eine Aufgabe für viele Jahrzehnte.
Mit diesen Eindrücken nahmen wir dann Abschied voneinander, um über die schönen Landstraßen der Region wieder nach Hause zu finden.
Wer sich für die Strecke interessiert, der melde sich, wir stellen das Roadbook für eigene Erkundungen gerne zur Verfügung.